Einem aufmerksamen Betrachter dieses Blogs ist aufgefallen, dass der erste Post auf diesem Blog vom 14.5.2010 ein Thema behandelt, das bis zum heutigen Datum 17.12.2021 nur von den allerwenigsten Betreibern einer Videoüberwachung wahr- und ernst genommen wird.
Laut §4 BDSG (früher §6) ist eine Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen nur erlaubt, wenn konkrete Zwecke bestehen und es dafür auch einen Nachweis gibt, nämlich eine sogenannte "Vorfallsdokumentation".
Seit dem Jahre 2001 ist übrigens die Vorabkontrolle vor der Installation einer Videoüberwachung vorgeschrieben, die damals von Thilo Weichert ins Leben gerufen wurde.
Studien haben nun ergeben , dass ca 80-90 % aller Videoüberwachungen ohne die Angabe eines bestimmten Zweckes für jede Kamera erfolgen , wodurch fast alle Videoüberwachungen nicht datenschutzkonform sind und somit illegal betrieben werden.
Was ds nach dem Urteil des OLG-Stuttgart nun bedeuten kann , bitte hier nachlesen: Illegale Videoüberwachung in einem Supermarkt
(1) Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) ist nur zulässig, soweit sie
3. zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.
(2) Der Umstand der Beobachtung und der Name und die Kontaktdaten des Verantwortlichen sind durch geeignete Maßnahmen zum frühestmöglichen Zeitpunkt erkennbar zu machen.
Die neue europäische Leitlinie (2019) betont den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Da jede Videoüberwachung mit einem Eingriff in die Persönlichkeitsrechte verbunden ist, muss ihr stets ein berechtigtes Interesse des Kamerabetreibers zugrunde liegen. Dieses Interesse muss objektiv vorliegen, das heißt, bei einer Videoüberwachung aus Sicherheitsgründen müssen stets auch tatsächliche Anhaltspunkte für eine Gefahr für Leib, Leben oder Sachgüter vorliegen. Die Leitlinie stellt klar,dass ein rein subjektives Sicherheitsgefühl nicht mehr genügt, um eine Videoüberwachung zu rechtfertigen.
EDPB Guideline Video devices –
Europäische Leitlinie zur Videoüberwachung
20. Das legitime Interesse muss real
existieren und muss ein aktuelles Thema sein (d.h. es darf nicht fiktiv oder
spekulativ sein). Es muss eine reale Notsituation vorliegen - wie z.B.
Schäden oder schwere Vorfälle in der Vergangenheit - bevor mit der Überwachung
begonnen wird. Angesichts des Prinzips der Rechenschaftspflicht wären die
Kontrolleure gut beraten, relevante Vorfälle (Datum, Art und Weise, finanzielle
Verluste) und die damit verbundenen Strafanzeigen zu dokumentieren. Diese
dokumentierten Vorfälle können ein starker Beweis für die Existenz eines
legitimen Interesses sein. Das Vorhandensein eines legitimen Interesses sowie die
Notwendigkeit der Überwachung sollte in regelmäßigen Abständen (z. B. einmal
pro Jahr, je nach den Umständen) neu bewertet werden..
24. Personenbezogene Daten sollten
angemessen, relevant und auf das beschränkt sein, was für die Zwecke, für die
sie verarbeitet werden, erforderlich ist („Datenminimierung“), siehe Artikel 5
Absatz 1 Buchstabe c. Vor der Installation eines Videoüberwachungssystems
sollte der Controller immer kritisch prüfen, ob diese Maßnahme zum einen
geeignet ist, um das gewünschte Ziel zu erreichen, und zum anderen angemessen
und für seine Zwecke notwendig ist. Videoüberwachungsmaßnahmen sollten nur dann
gewählt werden, wenn der Zweck der Verarbeitung mit anderen Mitteln, die die
Grundrechte und -freiheiten der betroffenen Person weniger beeinträchtigen,
nicht angemessen erfüllt werden kann.
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